Drittes Reich

Die Zeit des Nationalsozialismus‘ zeigt den Berliner Dom nach dem derzeitigen Stand der Forschung in einem zwiespältigen Licht.

Bereits wenige Tage nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler drängten die Nationalsozialisten in den Dom und feierten dort für den erschossenen SA-Mann Maikowski und den mit ihm zu Tode gekommenen Polizisten Zauritz das erste Staatsbegräbnis des sich anbahnenden Dritten Reiches. War die Leitung des Domes, die personell mit der Spitze der preußischen Landeskirche verknüpft war, zunächst um einen Kurs „über den Parteien“ bemüht, unterstützte sie in ihrer Mehrheit spätestens nach dem Tag von Potsdam begeistert das neue Regime, das sie als Bundesgenossen im Kampf gegen den säkularen Staat von Weimar ansah. Das Konzept der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft und das Werben Hitlers um die beiden großen Kirchen ließ den Protestantismus auf eine große Stunde für die Volksmission hoffen. Im Sommer 1933 erlagen sie dem Rausch, dass die Mehrheit des Volkes wieder den Weg in die Kirchen finden könnte.

Einer der Domprediger, Bruno Doehring, kritisierte allerdings unverändert Führerkult, Gewalt und Rassenwahn. Während er kirchenpolitisch neutral blieb, schloss sich Domprediger Willy Richter der Bekennenden Kirche an, die sich gegen die Übernahme der nationalsozialistischen Weltanschauung in den Raum der Kirche zur Wehr setzte, und unterstützte sie von der Domkanzel. U.a. sein Wunsch nach kirchlichem Frieden ermöglichte aber auch dem deutschchristlichen Reichsbischof Ludwig Müller im Dom in Erscheinung zu treten. Die groß inszenierte Einführung in sein Amt fand im September 1934 an diesem Ort statt.

Je mehr der wahre Charakter des Dritten Reiches als Gewalt- und Unrechtsstaat zu Tage trat und die Hoffnungen auf eine neue Erweckungsbewegung schwanden, umso mehr ging Domprediger Richter auf Distanz. Die exponierte Lage des Domes führte jedoch auch zu einem gewissen Grad der Anpassung. So wehten beispielsweise an den entsprechenden Tagen vom Dom die Hakenkreuzfahnen und auch zu weiteren Ereignissen konnte das nationalsozialistische Regime den Dom als Bühne zur eigenen Inszenierung gebrauchen. Im Jahre 1935 fand dort der Traugottesdienst von Hermann Göring, des zweiten Mannes im Führerstaat, mit Emmy Göring (geb. Emma Johanna Henny Sonnemann) statt. Hitler fungierte als Trauzeuge.

Die vielfältigen Aspekte der Domgeschichte im Dritten Reich, die von Anpassung und Unterstützung bis zu Ablehnung des Nationalsozialismus reichen, untersucht ein laufendes Forschungsprojekt von Patrick Holschuh, das im Jahre 2019 seinen Abschluss finden wird.

 


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